DIVINO - Das Magazin | N° 2/2018 Herbst - Winter
[divinodankbar] „Ich bin nicht dankbar, weil ich glücklich bin, sondern ich bin glücklich, weil ich dankbar bin.“ S o lautet ein bekannter Spruch. Die Dankbarkeit verwandelt unser Gefühl. Wenn wir dankbar sind für das, was Gott uns schenkt, wenn wir dankbar den Wein genießen, wenn wir dankbar ein Fest feiern, dann fühlen wir uns gut, dann erleben wir Glück. Der bekannte Tropenarzt Albert Schweitzer hat das ähnlich gesehen. Er meint, wenn es uns nicht gut gehe, dann sollten wir uns etwas suchen, für das wir dankbar sein können. Das verwandelt unsere Stimmung. Es gibt immer genügend Gründe, die wir finden können, um dankbar zu sein. Da ist der freundliche Blick der Verkäuferin, da ist ein gutes Gespräch mit dem Nachbarn, da ist die Schönheit der Natur, für die wir dankbar sind. Und wir dürfen dankbar sein für das, was Gott uns in die Hand gelegt hat. Jedem hat er eigene Fähigkeiten in die Hand gelegt, dem einen Kraft, dem andern Kreativität, dem andern Zärtlichkeit. Er hat uns die Gabe in die Hand gelegt, etwas anzupacken, etwas in die Hand zu nehmen, oder auch: etwas schön zu machen, andern das Leben zu verschönern. Wir sollten uns dabei nicht vergleichen mit andern und ihren Fähigkeiten. Wir sollten dankbar sein für das, was Gott uns in die Hand gelegt hat. Der römische Philosoph Cicero hält die Dankbarkeit für das Kennzeichen eines reifen Menschen. Undankbarkeit, so meint er, ist ein Verstoß gegen die „humanitas“, gegen die Menschlichkeit. Die deutsche Sprache sieht das ähnlich. Denn danken kommt von denken. Wer also undankbar ist, der denkt nicht richtig nach über sein Leben. Undankbare Menschen sind immer unangenehme Menschen. Denen kann man nie eine Freude machen. Die können den besten Wein trinken und nörgeln immer noch herum, entweder am Wetter oder über ihre Arbeit. Der Wein schmeckt nur, wenn wir ihn dankbar trinken, dankbar für diese gute Gabe, dankbar für die Gemeinschaft, die er stiftet. Hermann Hesse sagt einmal, das Schönste am Alter wäre, dankbar im Erinnerungsbuch seines Lebens zu lesen. So wünsche ich Ihnen, dass Sie dankbar sind für Ihr Leben und beim Weintrinken dankbar auf Ihr Leben und Ihr Miteinander schauen. PATeR DR. AnSelM GRÜn, ABTei MÜnSTeRSchWARzAch Anselm Grün oSB (geb. am 14. Januar 1945 im fränkischen Junkershausen als Wilhelm Grün) ist deutscher Benediktinerpater, Autor spiritueller Bücher, Referent zu spirituellen Themen, geistlicher Berater und Kursleiter für Meditation, Kontemplation und geistliches leben. Mit rund 300 lieferbaren Titeln, die bisher in einer Gesamtauflage von über 14 Millionen weltweit verkauft wurden, ist Pater Anselm Grün einer der meistgelesenen deutschen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher wurden in dreißig Sprachen übersetzt. www.anselm-gruen.de 40 4 1 PATeR AnSelMS KolUMne Nº 2 / 2018
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