DIVINO - Das Magazin | N° 1/2020 Frühjahr - Sommer
Friedweinberg in Nordheim: Die letzte Ruhe umgeben von Reben Mit dem Thema Sterben und Beerdi- gung beschäftigen sich manche Men- schen schon zu Lebzeiten. Sie möchten wissen, wo sie ihre letzte Ruhestätte finden werden und machen sich auf die Suche nach einem passenden Ort. Auch das Thema Grabpflege treibt manche Menschen um, denn sie möchten ihre Angehörigen nicht dazu verpflichten, sich um ein Grab kümmern zu müssen. Der Nordheimer Bürgermeister Guido Braun hatte die Idee, als ein guter Bekannter ihm erzählte, dass er auf der Suche nach einem Friedwald sei, um sich anonym bestatten zu lassen. „Wir haben in Nordheim keinen Wald, aber wir haben Weinberge“, erzählt der Bür- germeister. Und da sein Vorgänger im Amt die Fläche oberhalb des Friedhofs bereits vor 20 Jahren als Erweiterungs- fläche für den normalen Gottesacker eingeplant hatte, ging am Ende alles sehr schnell. Von der Idee bis zur Ein- weihung dauerte es keine zwei Jahre, und der Nordheimer Friedweinberg wurde im Dezember 2018 eingeweiht. Inzwischen sind 40 Urnenplätze reser- viert – 17 davon belegt. Beruhigende Perspektive Nordheim ist eine der größtenWeinbau- gemeinden Frankens. Die Menschen hier leben in und mit der Natur. Und so sind viele Bürgerinnen und Bürger von Nordheim begeistert von der Idee, eines Tages ihre letzte Ruhestätte in einem Weinberg zu finden. Insgesamt stehen auf der offenen Fläche hinter dem eigentlichen Friedhof 186 Weinstö- cke im historischen Pfahlweinbau: Vier bis acht Urnen können pro Weinstock im Abstand von je 60 Zentimetern rings um jeden Rebstock beigesetzt werden. „Familien oder Freunde können sich also gemeinsam diesen letzten Ort aus- suchen“, erzählt Guido Braun. Die Idee hat sich längst im ganzen Bundesland rumgesprochen. Auch Menschen mit nicht-christlichem Glau- ben können sich ein Grab im Nordhei- mer Friedweinberg reservieren. „Wir bekommen sogar viele Anfragen von außerhalb“, so Braun. An einen Inter- essenten erinnert sich der Bürgermeis- ter mit einem Schmunzeln. Der Anruf kam aus der Region Haßfurt, und der Mann fragte, ob er sich als überzeug- ter Biertrinker auch im Friedweinberg beisetzen lassen könnte. Guido Braun beantwortete diese Frage mit einem herzlichen „Ja“. „Das Sterben gehört nun einmal zum Leben, und da ist es doch schön, wenn man weiß, wo man seine letzte Ruhe finden wird – ganz egal, ob man zu Lebzeiten lieber Bier oder Wein getrunken hat“, sagt Guido Braun und spricht damit wohl vielen Menschen aus der Seele. 44 45 Nº 1 / 2020 ENTDECKUNGEN
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