DIVINO - Das Magazin | N° 2/2020 Herbst - Winter

U m Himmels Willen, ist das Frost auf den Trauben?“ – mag sich manch einer fragen, wenn er im Spätsommer durch die Wein- berge an der Mainschleife wandert. Die Rot- weintrauben locken dann nicht in sattem Dun- kelblau wie üblich zu dieser Jahreszeit, sondern strahlen weiß dem Spaziergänger entgegen. Bei näherer Betrachtung bemerkt man, dass die Trauben mit einem weißen Belag überzo- gen sind, der an Kreide erinnert (und ähnliche Spuren auf Hand und Kleidung hinterlässt!). Weiße Rotweintrauben? Die Fliege mit der Säge Der Grund für diese sehr auffällige Maßnahme ist die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) – eine aus Südostasien stammende invasive Fliege, die mittlerweile zum festen Bestandteil der hiesigen Fauna geworden ist. Aussichten, dass die Fliege wieder „die Fliege macht“, gibt es (leider) keine. Die Weibchen dieser Spezies verfügen über einen kräftigen und stark gezähn- ten Legebohrer, weswegen die Kirschessig- fliege auch die „Fliege mit der Säge“ genannt wird. Mit ihrem Legebohrer ritzen die Weib- chen die Beerenhaut reifender rotfärbender Trauben auf, um ihre Eier in der Frucht abzu- legen. Dies wäre für die Weinbereitung an sich nicht dramatisch, außer dass der Wein streng genommen nicht mehr als „vegan“ vermarktet werden dürfte... Doch Kirschessigfliegen vermehren sich bei entsprechender Witterung (warm, mit regel- mäßigen Niederschlägen) explosionsartig, mit gravierenden Folgen für die Trauben. Aus den Eiern schlüpfen innerhalb kürzester Zeit Lar- ven, die sich vom Fruchtfleisch der Trauben- beeren ernähren. Durch den Larvenfraß wird Fruchtsaft durch die Einbohrstelle nach außen gedrückt. Dies lockt unsere heimische Essigfliege an, die ihrerseits Eier an den geschädigten Trau- ben ablegt. Zudem dringen über die verletzte Das Phänomen der weiSSen Rotweintrauben von Dr. Beate Wende weinwissen 18 19 Nº 2 / 2020

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