DIVINO - Das Magazin | N° 2/2020 Herbst - Winter
DR. BeATe WenDe als fränkisches gewächs in marktsteft (landkreis kitzingen) aufgewachsen, kam sie bereits als kind mit den Weinbergen in berührung. Ihre eltern fingen 1986 mit einem kleinen Weinberg an. Die beobachtung der neugierigen zauneidechsen in den Rebzeilen mündete nach der ausbildung zur chemielaborantin in ein biologiestudium mit Schwerpunkt zoologie an der universität Würzburg. Nachdem sie während ihrer Diplomarbeit mit dem kescher auf Wiesen unterwegs war, um die abhängigkeit von pflanzenwespen auf pflanzenarten zu untersuchen, verlagerte sie ihre Doktorarbeit in den Wald: In drei verschiedenen Waldbereichen (Schwäbische alb, hainich und Schorfheide) in Deutschland dokumentierte sie die effekte von intensiver und nachhaltiger Waldbewirtschaftung auf die totholzkäfergemeinschaft. Seit märz 2017 arbeitet Dr. beate Wende an der bayerischen landesanstalt für Weinbau und gartenbau. hier leitet sie das Forschungsprojekt zu dem invasiven Schädling „kirschessigfliege“. Seit 2018 besteht eine Forschungskooperation mit DIVINo Nordheim- thüngersheim. auf mehreren Weinbauflächen, die von DIVINo bereitgestellt werden, wird die Vergrämungsleistung des Wirkstoffs kaolin untersucht. Kontakt: Dr. beate Wende Forschungsprojekt kirschessigfliege arbeitsbereich Weinbau (IWo2) bayerische landesanstalt für Weinbau und gartenbau (lWg) an der Steige 97209 Veitshöchheim telefon +49 (931) 9801-574 beate.wende@lwg.bayern.de Beerenhaut Schadpilze und Essigfäulnis- bakterien ein. Innerhalb kurzer Zeit ver- derben die Trauben an den Weinstöcken, was sich mit einem durchdringenden Essiggeruch weithin bemerkbar macht. WeR HAT’S eRFUnDen? Die FRAnKen! Dominieren während der Beerenreife trocken-heiße Tage, ist die Bedrohung durch die Kirschessigfliege eher gering. Herrschen hingegen hauptsächlich feucht-warme Witterungsbedingungen, legt die Kirschessigfliege so richtig los – mit entsprechend verheerenden Folgen in den Rebanlagen. Was also tun, wenn die Witterung der Kirschessigfliege in die Karten spielt, und es zu wachsendem Befall während der Traubenreife kommt? Um diese drängende Frage zu beantwor- ten, untersuchte ein Forschungsprojekt der Bayerischen Landesanstalt in Veits- höchheim(LWG)alternativeVergrämungs- mittel für diesen invasiven Schädling. Die Lösung ist wortwörtlich einleuch- tend: bringt man Gesteinsmehle aus Diatomeen oder Kaolin mit Wasser ver- mischt in die Traubenzone aus, verbleibt ein weißer, kreideähnlicher Belag auf den Traubenbeeren. Wie die Untersuchungen zeigten, wird durch diese Methode der Befall der Kirschessigfliege unter der kri- tischen Schadschwelle gehalten. Das Gute an dieser Methode ist: beide Gesteins- mehle sind natürliche Substanzen, schä- digen keine Nützlinge (auch keine zwei- beinigen Naschkatzen) und beeinträch- tigen weder die Traubenreife noch den entstehenden Wein. nATÜRLiCH GeSCHÜTZT Kaolin ist ein feinpulvriges Gestein, das hauptsächlich bei der Porzellanherstel- lung verwendet wird. Auch in der Lebens- mittel- und Kosmetikindustrie kommt das Gesteinsmehl zum Einsatz. Wer schon einmal eine Gesichtsmaske aus weißer Tonerde angewendet oder bei Magen- problemen zu Heilerde gegriffen hat, hat nichts anderes als Kaolin verwendet. Genauso unbedenklich ist Diatomeen- erde, die aus den sedimentären Schalen fossiler Kieselalgen besteht. In Zahnpasta und Babynahrung, bei der Getränkeher- stellung und Wasseraufbereitung kommt Diatomeenerde zum Einsatz. Was genau die Kirschessigfliegen von den Gesteinsmehl-Trauben fernhält, ist nicht abschließend geklärt. Beide Gesteins- mehle haben eine austrocknende Wir- kung – was die feuchteliebenden Kirsch- essigfliegen eventuell abschreckt. Auch könnte die Veränderung der Beerenfarbe eine Rolle bei der Vergrämung spielen. Doch eines ist sicher: Mithilfe dieser wei- ßen Gesteinsmehle ist eine nachhaltige und umweltverträgliche Lösung gegen die „Fliege mit der Säge“ gefunden, die auch im Öko- und Demeterweinbau ein- gesetzt werden darf. Und nicht zuletzt inspiriert diese Methode zu spektaku- lären Urlaubsfotos aus den weißen Wein- bergen Frankens! Wenn man nicht genau weiß, was es ist, mag es auch den Menschen irritieren: Das weiße, sehr effektive Vergrämungsmittel ist jedoch absolut unschädlich! FotoS: keRStIN bÖhNINg, IStockphoto.com/et_eNgINeeR 20 2 1 Nº 2 / 2020 WeinWiSSen
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