DIVINO - Das Magazin | N° 1/2021 Frühjahr - Sommer

An dieser Stelle berichtet Dr. Beate Wende, Biologin an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim, von besonderen Tieren und Pflanzen im Weinberg. In dieser Ausgabe widmet sich die Wissenschaftlerin einem durch und durch sympathischen Untermieter im Weinberg: von Dr. Beate Wende, Biologin an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim Bereits im zeitigen Frühjahr kann man vieler- orts das gleiche Schauspiel beobachten: Eine große Hummel fliegt mit lautem „Gebrumm“ im Zickzackflug dicht über den Boden, ver- harrt kurz und fliegt weiter. Die Königinnen der Dunklen Erdhummel (Bombus terrestris) sind auf der Suche nach einem geeigneten Nestplatz. Die Hoheiten sind anspruchsvoll. Nur Orte, die sich nach gründlicher Inspektion als sicher vor Fressfeinden und Überflutung durch Regenfälle erweisen, kommen in Frage. Bis auf den dichten Wald sind diese überall zu finden: in Gärten und Parkanlagen, am Waldrand- und Heckenbereich und sehr häufig in Rebanlagen. PELZIGE NACHMIETER MIT JAHRESVERTRAG Mit Vorliebe werden alte Kleinsäugerbauten (z. B. von Mäusen) für die Koloniegründung benutzt. Bis zu drei Meter lang sind die Tunnel, die zum Staat unter der Erde führen. Ist man die Ordnung eines Bienenstockes gewohnt, kommt der Hummelbau doch etwas unordentlich daher. Die akkurate sechseckige Wabenstruktur sucht man vergebens. Hummeln reihen und türmen runde Töpfchen an- und übereinander, die eher an ein Quevri- Lager erinnern. Die Zahl der Untermieter im Weinberg wächst rasch an – zwischen 100 und 600 Individuen kann ein Hummelvolk im Frühsommer zählen. Auf dem Höhepunkt der Kolonie beginnt die Königin mit der Ablage „spezieller“ Eier, aus denen sich Jungkönigin- nen und männliche Drohnen entwickeln. FLEISSIGE MITARBEITER Im Obst- und Gemüseanbau werden die pelzi- gen Brummer hochgeschätzt. Sie sind bereits ab 6°C aktiv. Um bei diesen kalten Umge- bungstemperaturen auf „Flugtemperatur“ von ca. 30°C zu kommen, nutzen Hummeln eine geniale Strategie: Die kräftige Flugmuskulatur wird zum Zittern gebracht. Die Flügel können Hummeln „auskoppeln“, sodass sie nicht mit- schlagen. Dank dieser inneren Wärmequelle dauert es nicht lange, bis die nötige Körper- temperatur zum Abheben erreicht ist. Auch wir profitieren von der „Hummelheizung“: Herrscht während der Obstbaumblüte eine kalte Witterung, verhindern Hummeln den Ernteausfall. Nicht nur deswegen schätzen Landwirte ihre pelzigen Helfer. Die Arbeits- leistung der Brummer ist enorm: 18-Stunden- Arbeitstag bei Bestäubung von bis zu 5.000 Blüten täglich. Daher werden Erdhummel- kolonien für den Einsatz im Gewächshaus gezüchtet. Einsatzgebiete sind unter anderem Tomaten, Paprika, Hülsenfrüchte, aber auch Erdbeeren, Heidelbeeren oder Johannisbeeren. UND SIE FLIEGT NOCH… In ihrer „freien Wildbahn“ haben Hummeln es mittlerweile schwer. Im Frühjahr werden durch die Bodenbearbeitung der Acker- und Weinbergböden viele frisch gegründete Hum- melnester zerstört. Im weiteren Jahresverlauf fehlen nach dem Nahrungsüberangebot der blühenden Obstbäume durch die eifrige Mahd der Wegränder und Böschungen lebensnot- wendige Nektarquellen in der Landschaft. Doch der Schutz der fleißigen Brummer ist relativ einfach: eine Beschränkung der Boden- bearbeitung im Weinberg auf der Fahrgasse und der Verzicht auf das Abmähen der Weg- ränder tragen maßgeblich zum Schutz der fleißigen Untermieter bei. DIE DUNKLE ERDHUMMEL – TÜCHTIGE HELFERIN DER MENSCHEN! Dr. Beate Wende Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gar tenbau (LWG) An der Steige 97209 Veitshöchheim Telefon +49 (931) 9801-574 beate.wende@lwg.bayern.de FOTO: BE AT E WENDE KÖNNEN HUMMELN EIGENTLICH STECHEN? Die Zugehör igkei t der Hummeln zu den „Stechimmen“ verrät berei ts die Antwor t : Ja, Hummeln können stechen. Jedoch ist diese Fähigkei t – wie auch bei Bienen – auf die Weibchen beschränkt . Denn der Stachel ist nichts anderes als ein Eilegeapparat , der im Lauf der Evolut ion in einen Wehrstachel umgebildet wurde. Bevor eine Hummel allerdings ihren Stachel einset z t , wird der Aggressor nachdrücklich mi t wütendem Surren gewarnt . Männlichen Hummeln, den Drohnen, kann man sogar, ohne einen St ich fürchten zu müssen, vorsicht ig über den dichten Pelz streicheln. . . LEBENSRAUM WEINBERG Nº 1 / 2021

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