DIVINO - Das Magazin | N° 2/2021 Herbst - Winter

J ede Vegetationsperiode hat ihre eigenen Herausforderungen: „Wenn ich nicht schon so lange dabei wäre, hätte ich mir in diesem Sommer wirklich Sorgen gemacht“, sagt Paul Glaser, Leiter Qualitäts- und Weinbergsmanagement bei DIVINO. Der „alte Hase“, wie er von sich sagt, hat schon viele Jahrgänge bei DIVINO betreut – sowohl im Weinberg als auch im Keller. Es gibt zwar Regeln, aber keine Routine, wenn man in und mit der Natur arbeitet. Jedes Weinjahr verläuft anders, und mit dem voranschreitenden Klimawandel kom- men neue Aufgaben auf die Winzerinnen und Winzer zu. In Franken ist man mit den Ergebnissen der Forschung an der Landes- anstalt für Wein- und Gartenbau (Seite 16) und dem Informations- und Warn-System des Weinbaurings (Seite 18) für die gesamte Region sehr gut aufgestellt. Für die jeweili- gen Anlagen, das spezielle Terroir, die Pla- nung der Sortimente und vieles mehr müs- sen die Verantwortlichen zur richtigen Zeit ihre eigenen – richtigen – Entscheidungen treffen und verantworten. IMMER WIEDER EIN ABENTEUER! Das große Glück in diesem Jahr war schon einmal, dass die großen Fröste ausgeblie- ben sind. Der Frost im letzten Jahr war der Grund für die Ernteausfälle von DIVINO. Das Frühjahr 2021 war eine spannende Zeit, und in manchen Senken hat es „etwas gezwickt“: In den sogenannten „Frost- löchern“ gab es gewisse Schäden, die im Vergleich zum letzten Jahr allerdings nicht ins Gewicht fallen. Die Niederschläge von Januar bis März waren im Mittel der letzten Jahre. Der April allerdings war außergewöhnlich trocken. Der Mai war noch sehr kühl und nass in Franken, und die Reben trieben im Durch- schnitt etwa drei Wochen später aus. Das gab den Winzerinnen und Winzern die Möglichkeit, ihre Triebkorrekturmaßnah- men „in Ruhe“ durchzuführen – das Zeit- fenster war gut. Im Juni wurde es wärmer, sommerlich, aber nicht zu heiß. „Wir brau- chen für ein gutes Wachstum der Trauben nicht über 30 Grad“, erklärt Paul Glaser. Die Niederschläge waren im Juni und Juli günstig, der Boden war gut durchfeuchtet, die Bedingungen waren gut, und die Reben sind sehr schnell gewachsen. Die Verzöge- rung aus dem Frühjahr konnte gut aufge- holt werden. Dann allerdings kamen Tage und Wochen, die viel zu nass für den Wein- bau waren. Die Winzerinnen und Winzer hatten unglaublich viel imWeinberg zu tun – denn die Niederschläge kombiniert mit der Wärme sorgten für enormen Pilzdruck. Laubarbeit, Entblätterung und Pflanzen- schutz waren an der Tagesordnung. Und es waren sehr arbeitsintensive Tage für die Winzerinnen und Winzer! „Das schwül-warme Wetter sorgte für teilweise bis zu 5 Zentimeter Wachs- tum im Weinberg pro Tag, das musste im Zaum gehalten werden. Die Geiz- triebe wurden ausgebrochen, denn sonst geht die Kraft der Rebe in diese Triebe und verdichtet die Traubenzone. Das will man nicht“, beschreibt Paul Glaser. Der Blick auf die einschlägigen Wetter-Apps war immer begleitet von der Sorge, dass die Region von einer extremen Wetterlage mit Hagel oder großem Sturm getroffen wird. Das blieb zum Glück in diesem Jahr in Franken weitgehend aus. Nach der Blüte im Juni entwickelten sich die Trauben sehr schnell, auch wenn der Traumsommer 2021 ausgeblieben ist. Mit dem vielen Regen auch im Juli und August stand der Pflanzenschutz im Fokus, die Gesunderhaltung der Trauben, die Abtrock- nung, Triebkorrekturen und Begrünungs- management. „Das war sehr aufregend“, erinnert sich Glaser. DAS FINALE Der September brachte endlich schönes Wetter – trotzdem lagen die Trauben im Schnitt um etwa 15° Oechsle zurück, was bedeutet, dass die Lese nicht wie geplant Anfang September stattfinden würde. „Wir haben unser Ziel ganz klar vor Augen und das ist gesundes Lesegut. Wir gehen auf keinen Fall ein Risiko ein“, so Glaser. „Und deshalb werden die Vorlesen bei 80° Oechsle stattfinden. Die Erfahrung sagt: Man darf nicht die Nerven verlieren – auch wenn das Wetter Kapriolen schlägt. Optimal ist es, ein gutes Zeitfenster für die Lese zu haben. Je später man beginnt, umso größer wird der Lesedruck – denn es ist nicht gesagt, dass wir einen goldenen Oktober bekommen. Jetzt müssen wir die Ernte einbringen, das ist das Wichtigste“, sagt Paul Glaser kurz vor Drucklegung des Magazins. NICHTS FÜR SCHWACHE NERVEN: Das Weinjahr 2021 FOTO: WW.DEUTSCHEWE INE.DE FOTO: WW.DEUTSCHEWE INE.DE DIVINO MAGAZIN·Nº 2/2021 27

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