DIVINO - Das Magazin | N° 2/2020 Herbst - Winter

An dieser Stelle berichtet Dr. Beate Wende, Biologin an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim, von besonderen Tieren und Pflanzen im Weinberg. In dieser Ausgabe widmet sich die Wissenschaftlerin einer nicht eindeutig positiv bewerteten Pflanze, die aber immerhin zum „Baum des Jahres 2020“ gekürt wurde: von Dr. Beate Wende, Biologin an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim Die Robinie: trotz aller Kritik ein Hoffnungsträger! Die Kür der Robinie zum Baum des Jahres 2020 sorgt für Diskussion. Denn eigent- lich werden Arten oder Lebensräume zur „Natur des Jahres“ gewählt, um auf ihre besondere Gefährdung aufmerksam zu machen. Doch die aus Nordamerika stam- mende Robinie breitet sich ungeniert aus und drängt sogar heimische Arten mühelos zurück. Handelt es sich heuer also um eine Auszeichnung für einen Problemfall des Naturschutzes? Eine sichtbare Eigenschaft der Robinie ist die schnelle Besiedlung nährstoffarmer Flächen, auf denen sie innerhalb kurzer Zeit stattliche Höhen erreicht. Wie kann ein solcher Kraftakt gemeistert werden? Die Antwort: Teamwork! Das Erfolgsgeheimnis besteht in einer engen Partnerschaft mit Bakterien. Diese sitzen in knöllchenartigen Wucherungen in den Wurzelspitzen. Dort wandeln sie für ihren Baumpartner Luft- stickstoff in pflanzenverwertbare Stickstoff- verbindungen um. Im Gegenzug erhalten die Bakterien lebenswichtige Nährstoffe. Doch das „Robinien-Bakterien-Dreamteam“ verursacht im Naturschutz teilweise große Probleme. Robinien besiedeln bevorzugt warme Trockenrasen, die sich durch den Stickstoffeintrag in eine nährstoffreichere Wiese verwandeln - inklusive des Ver- schwindens hochspezialisierter Tier- und Pflanzenarten. Hat sich die Robinie ange- siedelt, ist ihre „Aussiedelung“ fast unmög- lich. Bei radikalen Bekämpfungsmethoden wie Rückschnitt und Kahlschlag wird der Bestand aufgrund der hohen Triebkraft oberflächennaher Wurzeln noch dichter. Doch die Hartnäckigkeit der Robinie wird auch geschätzt und genutzt. Um neu ange- legte Böschungen zu befestigen, werden Robinien mit ihrem schnell wachsenden Wurzelsystem gezielt gepflanzt. Ähnlich unverwüstlich wie der Baum ist das Robinienholz. Zäh, elastisch und biegsam wird es bei hohen mechanischen Anforderungen verwendet. Früher ratterten Dampfeisenbahnen über hölzerne Robi- nien-Bahnschwellen und Stickel aus Robi- nienholz standen im Weinberg in Reih und Glied. Mittlerweile erobert das „Teak des Nordens“ in Form von Gartenmöbeln und Klettergerüsten Terrassen und Spielplätze. Ihre Vorliebe für trocken-warme Lebens- räume, ihr rasches Wachstum, die hervor- ragenden Nutzungsmöglichkeiten des Hol- zes und ihre nektarreichen Blüten machen die Robinie zu einem wertvollen Kandida- ten unter dem Aspekt des Klimawandels. Durch die Nährstoffverbesserung der Böden ist sie Wegbereiterin für „anspruchs- volle“ Baumarten. Im städtischen Bereich besticht die Robinie mit ihrer Licht- und Wärmeliebe, ihrer hohen Salztoleranz und den attraktiven Blüten. Auszeichnung für einen Hoffnungsträger! Lebensraum Weinberg Dr. Beate Wende Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) An der Steige 97209 Veitshöchheim Telefon +49 (931) 9801-574 beate.wende@lwg.bayern.de Foto: istockphoto.com/Antagain Serie Nº 2 / 2020

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