DIVINO - Das Magazin | N° 1/2022 Frühjahr - Sommer

...in Fachkreisen auch als „Doc Silvaner“ bekannt. Im Februar 2021 wurde Hermann Mengler von „Vinum“, Fachzeitschrift für europäische Weinkultur, in den Reigen der „25 wichtigsten Weinpersönlichkeiten Deutschlands“ gewählt. Dabei war die Redaktion unter anderem den Fragen nachgegangen: „Wer inspiriert stilistisch in Sachen deutscher Wein? Wer zieht im Hintergrund die Fäden? Wer setzt wirklich Trends?“ Beim Silvaner fiel die Wahl dieser Weinpersönlichkeiten, die in der Branche wirklich etwas bewirken, auf Hermann Mengler – Weinfachberater beim Bezirk Unterfranken. Er habe den Qualitätssprung der fränkischen Leitrebsorte in den letzten 20 Jahren maßgeblich mitgestaltet. Und das sagt nicht alleine das Weinmagazin: Den Ehrentitel „Doc Silanver“ finden wohl alle Menschen, die ihn kennen, mehr als gerechtfertigt. Sich mit Hermann Mengler über Wein und die benachbarten Genusswelten zu unterhalten, ist Freude und Inspiration zugleich. Bei unserem Treffen* sprachen wir über Weinmoden, Leitrebsorten und über Weine, die man ein ganzes Leben lang nicht vergisst. Hermann, welche Bilanz ziehst du nach fast 30 Jahren für den Frankenwein? 1972 war mein erster Weinjahrgang, 1974 habe ich die Winzerlehre gemacht, ab 1985 war ich Weingutsleiter und seit 1993 bin ich beim Bezirk Unterfranken. Letztes Jahr durfte ich meinen 50sten Weinjahrgang begleiten, und im nächsten Jahr feiere ich ein weiteres Jubiläum: 30 Jahre Bezirk Unterfranken. Soweit zu mir als Person. Was den Wein betrifft, würde ich gerne weiter ausholen: Schauen wir mal kurz an, wo wir herkommen: Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre hatten die fränkischen WinzerInnen drei Jahre in Folge aufgrund von Wetterereignissen quasi nichts geerntet. Jede Beere wurde vom Boden aufgelesen, Selektion oder Grünlese waren Fremdwörter. Allein aufgrund der niedrigen verfügbaren Mengen gingen die Preise für Frankenwein in die Höhe. Als dann 1982, 1983 und besonders 1989 die Ernten „reichlich“ waren, schöpfte man aus dem Vollen und hat dabei vollkommen übertrieben. Die Qualitäten waren ruiniert – aus dem Qualitätsargument Bocksbeutel wurde ein Verkaufsargument gemacht. Zwar war 1985 wieder ein starkes Frostjahr mit enormen Einbußen, aber es befeuerte eigentlich die „Ertragslust“. 1990 kam die verordnete EU-Mengenbegrenzung, aber wirklich verstanden und umgesetzt wurde das Ganze erst zur Jahrtausendwende. Ab dann war der Weg frei zur heutigen Qualität. Heute sind wir angekommen, stehen gut da. Weinqualitäten, Ansehen, Vertriebsstrukturen, Erlebnislandschaft – das passt alles sehr gut. Allein die Klima-Herausforderungen und Wetterkapriolen sind geblieben und haben sich mit dem Frostereignis vom 5./6. Mai 2011, nach 30 Jahren (24. April 1981), wieder zurückgemeldet. Die Extreme werden deutlicher. Es gibt weiterhin eine Menge zu tun. Der Silvaner als Aushängeschild für den fränkischen Weinbau. Was verbindest du damit? Heimat. Ich bin ein Kind des Silvaners. So lange ich denken kann, weit vor Beginn meiner Karriere, war der Silvaner ein geflügeltes Wort: Meine Eltern hatten eine Gastwirtschaft, mein Opa war Kellermeister und Büttnermeister, mein Vater Absolvent der Weinbauschule in Veitshöchheim. Silvaner war für mich ein Begriff wie Mama oder Papa. Richtig happy und stolz auf den Silvaner war ich und bin es noch, als wir 1999 das erste internationale Silvanersymposium in Würzburg starten konnten und 10 Jahre später die Weinwelt zu 360 Jahre Silvaner in Franken aufhorchte: Wir konnten mit gereiften Silvanerweinen der Jahrgänge 1914, 1917 und 1934 zeigen, welches Potenzial in dieser Rebsorte steckt. Gerade diese eher „simplen“ Jahrgänge standen da wie eine Eins! Silvaner ist wirklich das fränkische Weinaushängeschild für mich. Er hat eine indigene Story so wie andere Rebsorten im Burgund, Chablis, Piemont oder der Toskana – nur sind uns diese Regionen in der öffentlichen Wahrnehmung zeitlich einen Schritt voraus. Ich verkoste und trinke wirklich sehr viel Wein und bin dabei vinologisch auf dem ganzen Globus unterwegs. Aber für mich als Franke gab es nie eine andere Sorte, und es wird vermutlich auch keine andere geben. Sprechen wir über Klimawandel. Welche Strategien sind deiner Meinung nach jetzt gefragt? Die Ansätze laufen. Wir betreiben intensive Forschung in Bereichen, die das Klima jetzt schon vorgibt, und dann müssen wir antizipieren, wie das Klima in 30 bis 50 Jahren sein wird. Deshalb haben wir vor, Silvaner zum Beispiel im Languedoc zu pflanzen. Wir gehen mit den Reben in solche Klimazonen, die sie in 50 Jahren bei uns erleben werden. In Techniken zur Bewässerung müssen wir investieren. Auch weinbauliche Strategien zum Thema Bodenabdeckung, Unterlagen, Humuswirtschaft, Laubwandveränderung, querterrassierte Weinberge und vieles mehr müssen weiter vorangetrieben werden. Alle Forschungsanstalten in Deutschland und der Welt sitzen über diesen Themen. Das ist für den Weinbau existenziell wichtig, um den zu erwartenden Klimabedingungen zu begegnen. Wir müssen uns der Herausforderung stellen – nicht, dass es irgendwann einmal heißt: „Sie tun nicht, was sie wissen.“ Hast du ein (Lebens)Motto in Bezug auf den Frankenwein? Generell ist mein Motto: Ich predige guten Wein, und ich trinke guten Wein. Danke lieber Hermann für deine Zeit und das inspirierende Gespräch! EIN ( BERUFS ) LEBEN FÜR DEN FRANKENWEIN: HERMANN MENGLER... DIVINO MAGAZIN·Nº 1/2022 17

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